Archiv DAV-S. Sudeten
Die „Alte Prager Hütte“ hatte durch den gestiegenen Fremdenverkehr einen starken Zulauf, und wurde zu klein. Eine neue Hütte wurde geplant und genehmigt, aber näher am Venedigergipfel. Der Fertigstellungstermin 1903 konnte wetterbedingt nicht eingehalten werden, so feierte man die Eröffnung am 9. August 1904 mit einem reichen Unterhaltungsangebot für die zahlreich eingetroffenen Festgäste. Nach der Begrüßung durch den Obmann der Prager Sektion Herrn kais. Rat Joh. Stüdl nahm der Dekan von Windisch-Matrei, Herr Georg Unterpranger, die Weihe der neuen Hütte vor.
Es folgten unzählige Grußansprachen von befreundeten Sektionen, sowie Trinksprüche und Danksagungen an alle, die an der Fertigstellung dieses gelungenen Bauwerkes beteiligt waren. Beim Anbruche der Dunkelheit wurde ein effektvolles Feuerwerk abgebrannt, womit die Feier ihr Ende erreichte. Am nächsten Tage wurde von zahlreichen Teilnehmern eine gelungene Venedigerbesteigung ausgeführt.
Die Hütte enthält außer einem geräumigen Speisezimmer, einer Küche, Vorratsraum, Führerzimmer etc. 9 Zimmer mit 17 Betten und ein Pritschenlager für 20 Touristen, so daß auch bei größerem Besuche hinlänglich Raum vorhanden ist. Doch damit waren die Geldmittel der Sektion wieder einmal vollständig erschöpft. Denn aufgrund deren "Bauwut" (Payer-, Olperer-, Höller-, Rifflerhütte sowie die "Alte Prager") konnten sich die Vereinsfinanzen nie so richtig erholen, wenngleich man bereits Arbeitsgebiete an andere Sektionen abgegeben hatte. Aber hier sprangen einige Mitglieder und Gruppen von Mitgliedern der S. Prag ein, die ganze Zimmer einrichteten, die auch nach den Spendern benannt wurden. Es gibt ein Natalie Umrath- Zimmer, Leo v. Mattoni-Zimmer, Herman Kmoch-Zimmer, Stüdl-Zimmer, Tetschener-Zimmer (gestiftet von den Tetschen- Bodenbacher Mitgliedern der S. Prag), Smichower-Zimmer (gestiftet von den Smichower Mitgliedern) und ein Zimmer der Kegelgesellschaft der Sektion. Außerdem gelang es einem „Damenkomitee“ der S. Prag einen Betrag von K 5129.-- für die Inneneinrichtung aufzubringen.
Und der neue Stützpunkt "lief" : Waren es in der ersten Saison noch 570 Besucher, kamen 1911 beachtliche 947 herauf. Wirtin Elise Mühlberger, die von 1908 bis 1945 (mit kriegsbedingter Unterbrechung) droben bleiben sollte, führte das Schutzhaus zur vollsten Zufriedenheit der Sektion wie der Gäste. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte Frau Mühlberger 1920 wieder aufziehen. Doch mit Ende des Ersten Weltkriegs waren nicht nur die Südtiroler Hütten enteignet worden, die neuen Grenzen trafen auch die Sektion schwer. Für die Neue Prager Hütte ließen sich die 1920er-Jahre nicht schlecht an. 1929 stieg die Besucherzahl auf grandiose 2606. 1930 konnte der Standplatz der Hütte vom österr. Staat erworben werden. Des 30jährigen Bestandes wurde durch eine schlichte Feier 1934 auf der Hütte gedacht, an der 7 Mitglieder teilnahmen.
Grußkarte von der Eröffnungsfeier der neuen Prager Hütte
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Der Warentransport erfolgte bis zur alten Hütte mit Tragtieren. Für den Transport von der alten zur neuen Hütte hat der Pächter auf eigene Kosten einen einfachen Hilfsaufzug errichtet.
Nach der Erstellung der Materialseilbahn zur Stüdlhütte trat nun auch die Frage des Baues einer solchen Bahn zu den Prager Hütten in den Bereich der Erwägungen. Am 13.8.1963 beschloss der Vorstand eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Den Vorschlägen entsprechend wurde der Bau zunächst bis zur Alten Prager Hütte durchgeführt. Im Herbst 1967 wurde die Materialseilbahn fertiggestellt, die behördliche Abnahme erfolgte aber erst im Sommer 1969. In einem zweiten Abschnitte wurde eine Verbindungsseilbahn zur neuen Hütte erstellt, die 1972 in Betrieb genommen werden konnte. In der Chronik ist im Weiteren vermerkt, dass 1968 der österreichische Bundeskanzler Klaus beim Abstieg vom Großvenediger die beiden Prager Hütten besuchte.
Freundliche Übernahme durch die "Oberländer"
Die "Neue Zeit - unter anderem mit den verstärkten Maßnahmen zum Umweltschutz auf Hütten und Wegen - brachte für die so traditionsreiche, rührige, aber durch Krieg und Vertreibung geschwächte Sektion Prag mit ihrem immer noch beachtlichen Hüttenbesitz drückende Probleme. Sie musste sich nach einem Partner umsehen und der damalige Vorsitzende Wilfried Adler fand diesen in Klaus Preuss und der großen Sektion Oberland. Am 1. Januar 1992 wurde aus der Sektion Prag die "Gruppe der Prager", die den "Oberländern" auch ihre Hütten "mitbrachte". Auch was die Hüttenbewirtschaftung betrifft, ging in den 1990er Jahren eine Ära zu Ende: Walter Oblasser verließ 1997 nach fast 30 Jahren als Hüttenwirt die Neue Prager Hütte. Er hatte die Erweiterungsbauarbeiten 1977 bis 1986 begleitet, während derer die Vergrößerung auf 130 Schlafplätze, die Erneuerung von Küche und sanitären Anlagen und die Einrichtung einer mechanischen Abwasserbeseitigungsanlage erfolgten. Der umbaute Raum wurde von 1000 auf 2000 Quadratmeter ausgedehnt, die Kosten beliefen sich auf zwei Millionen Mark. Seit 1997 sorgt eine Fotovoltaikanlage für den laufenden Betrieb, das Dieselaggregat kommt nur noch fürs Kochen und Heizen zum Einsatz.