Richterhütte 2374 m
Gleichzeitig mit dem Bau der Warnsdorfer Hütte (Eröffnung 1891) in der Karalpe durch die Sektion Warnsdorf tauchte der Gedanke auf, das vom Tauernhaus abzweigende Rainbachtal zu erschließen, um so eine Verbindung mit dem Windbachtal, wie auch dem Ziller- und Wildgerlostal herzustellen. Das inzwischen zusammengeschmolzene Vermögen der Sektion schien diese Pläne zunächst stillzulegen. Da ließ der Fabrikant Anton Richter schon 1895 einen festen Fahrweg bis an das Geröll und von dort einen trittsicheren Saumpfad bis zum Platz der geplanten Baustelle einer neuen Hütte anlegen.
Der Rohbau in 2374 m Höhe war schon im Spätherbst des Jahres fertig, doch dann der Rückschlag, wie aus den Mitteilungen des DuÖA-V von 1896 auf Seite 177 zu lesen ist:
"Die Richterhütte zerstört. Noch eine Trauerbotschaft kommt aus den Alpen, welche diesmal der Culturarbeit der alpinen Vereinigungen die ganze Schwere ihrer Wintergefahren fühlen müssen. Die im Vorjahre erbaute Richterhütte in der Reichenspitz- Gruppe, welche im Juni l. J. eröffnet werden sollte, ist durch eine Windlawine gänzlich zerstört worden. Der Neubau in gleicher Grösse an lawinensicherer Stelle ist bereits in Angriff genommen, er wird noch im October d. J. im Rohbaue vollendet und im Juni des nächsten Jahres für den Verkehr eröffnet werden."
Ruine der ersten Richterhütte beide Bilder Archiv S. Rheydt
Zweite Richterhütte mit überdachter Kegelbahn
Richterhütte im Juli 1903 Foto: Alexander Eric Hasse (1875 - 1935)
Richterhütte ca 1908 aus "Die Schutzhütten und
Unterkunftshäuser in den Ostalpen"
Keineswegs entmutigt ließ der Bauherr 300 m tiefer erneut einen Rohbau entstehen, der dem Alpinwinter standhalten sollte. Am 12. August 1897 erfolgte die feierliche Einweihung des Hause auf den Namen des Erbauers "Richterhütte". Aus Freude darüber erklärte der Hausherr die Hütte offen für alle Alpenvereinsmitglieder.
Nachdem 1905 Anton Richter verstarb, führte sein Sohn Richard die Hütte im Sinne seines Vaters weiter. 1910 genehmigte die Postbehörde in Innsbruck eine offizielle Telefon- und Telegrammannahmestelle auf der Hütte, übrigens die erste in dieser Art im Alpenraum. Erneut zerstörte 1916 eine Lawine den Bergsteigerstützpunkt im Rainbachtal.
Errichtung der dritten Hütte Archiv S. Rheydt
Doch unbeirrt ließ Richard Richter in den Jahren 1928 und 1929 die heutige Richterhütte erbauen. Die aus den vorangegangenen Katastrophen gezogenen Erfahrungen flossen in die Bauplanungen ein, anstelle einer Holzkonstruktion wählte man Stein und Beton als Baustoff und somit trotzt das erstellte Haus bis heute den Witterungseinflüssen.
Walter Richter, Sohn des Richard Richter und später dessen Sohn Hans sorgten in den späteren Jahren für das Kleinod in den Bergen. 1967 ergab sich für die Sektion Bergfreunde Rheydt die Möglichkeit , die Betreuung der Hütte zu übernehmen. Die Rheydter Bergfreunde und ihnen voran der Hüttenwart Peter Oberholzer erfuhren sehr schnell, dass mit der Übernahme der Hüttenverantwortung durch eine alpenferne Sektion große Probleme zu meistern waren.
Die Hüttenversorgung erfolgt auf den letzten 200 Höhenmetern mittels Materialseilbahn. 1968 mußte die Auflage der Bezirkshauptmannschaft umgesetzt werden, und der bergwärtige Endpunkt der Materialseilbahn umbaut werden. In den Jahren 1969 und 1970 wurden die sanitären Anlagen saniert, und durch einen Anbau der Tagesraum erweitert, um so den wachsenden Besucherzahlen gerecht zu werden. 1972 wurde eine neue Gasanlage zur Hüttenbeleuchtung, Warmwasserversorgung und
zum Betrieb eines Kühlschrankes installiert.
Um bei Bergunfällen und in Notsituationen Verbindung zur Bergrettung und den Behörden aufnehmen zu können, hat man 1976 eine Funkanlage installiert, die auch heute noch die einzige Verbindung in’s Tal ist, eine Mobilfunkverbindung ist in der Hüttenumgebung nicht möglich.
1977 wurde ein Dieselaggregat als Stromerzeuger angeschafft. Damit war die Voraussetzung geschaffen, die gesamte Hütte sicherer zu beleuchten. Auch für die Hüttenwirtin bagann nun die „moderne Phase“ der Hüttenbewirtschaftung, es konnte erstmals eine Spülmaschine genutzt werden.
1989 wurde unter aktiver Mitwirkung eines „Bautrupps“ Rheydter Bergfreunde ein Wasserkraftwerk installiert. Mittels Hubschraubereinsatz wurden 200 m Druckrohrleitung verlegt, und eine Durchströmturbine mit Generator montiert. Somit konnte der dieselbetriebene Stromerzeuger stillgelegt werden, eine umweltschonende Stromversorgung war sichergestellt. 2006 wurde eine Abwasseranlage gebaut, und die sanitären Anlagen erneuert.
Nach der Fertigstellung 1930 Archiv S. Rheydt Winterraum Foto: Th. Most
Rainbachtal Foto: Th. Most
Dass natürlich in und um die Hütte gewerkelt werden muss, soll nicht unerwähnt bleiben. Fenster und Läden mussten ersetzt werden, Fußböden erneuert und gestrichen werden. Betten und Matratzen wurden ausgetauscht.
Eine Hochgebirgshütte in exponierter Lage auf 2374 m Meereshöhe gelegen, 1350 Höhenmeter, 21 Fahrkilometer oder 5 bis 6 Gehstunden vom Talort Krimml enfernt, stellt eine extreme logistische Herausforderung dar. Die Hütte in der Kernzone des heutigen Nationalparks Hohetauern gelegen, ist ab 1650 m nur mehr auf ausgebauten Muliwegen zu erreichen. Ausgebaute Wege bedeutet hier mit Schaufel und Pickel erstellte Wege, das Material für die Wegdecke muss vor Ort ohne Einsatz von schweren Baumaschinen gewonnen werden.
Hüttenschild
Unwetter verwüsteten in der Vergangenheit häufig den Hüttenversorgungsweg derart, dass die Hütte tagelang nicht mit dem Jeep erreicht werden konnte. Auch Lawinenabgänge im Frühjahr behindern oftmals bis in den Sommer hinein die Versorgungslage der Hütte. Oftmals waren abgegangene Schneemassen so groß, dass der Lawinenstrich mit dem Versorgungsfahrzeug über mehrere Jahre nicht passiert werden konnte. Die Hütte war und ist in solchen Fällen jedoch immer für Wanderer gefahrlos erreichbar, die Hüttenbewirtschafter stellten und stellen eine uneingeschränkte Versorgung der Besucher sicher.
Nach vorbereitenden Gesprächen durch Rudi Gold, -Hüttenwart von 1967 bis 1997- mit Hans Richter gelang es schließlich 2001 die Hütte für die Rheydter Bergfreunde zu erwerben.
Dank gilt dem Hüttenwart Michael Hilgers und seiner Fraufür die Zusendung der Archivbilder.Der Text stammt überwiegend von einer Schautafelin der Hütte, verfasst von Michael Hilgers.
Gamsscharte 2972 m↓ ↓Richterspitze 3052 m
Panorama hinter der Hütte Foto: Th. Most
Hier noch einige Fotos von meinem Besuch der Hütte am 25./26. August 2010
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